SCHALENBERG Sven
Maler und wissenschaftlicher Zeichner

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Ein zweites Beispiel:

 

DeAnn Prosia im Kunstverein Eisenturm 2009


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde des Kunstvereines und Freunde der Künstlerin!
Herzlich willkommen zur Eröffnung der Ausstellung mit Aquarellen und Grafik über Mainz, erstellt von DeAnn Prosia.

DeAnn Prosia sagte mir schon bei unserer ersten Begegnung,
sie sei Printmaker – Druckmacher,
sie habe extra in die Stadt Gutenbergs gewollt, um auf dem historischen Pflaster von dem alten Geist zu tanken, der die Gemeinschaft der druckenden Künstler bis heute bewegt.
Das hat mir damals sehr imponiert.
Ich glaube sie war auch überrascht, dass ich wusste, was „etching“ ist.
Vielleicht ist dies in den USA nicht unbedingt so bekannt, wie hier in Mainz. Sofort konnte ich ihr hiesige Werkstätten und gute Kollegen nennen, die sie unbedingt besuchen solle.

Wenig später konnten wir im November 2007 ihre erste Ausstellung in Mainz, bei ART’N’ACT am Münsterplatz mit ihren Radierungen einrichten.
Mainz ist dafür mit seiner Druckertradition eine ideale Plattform.

Geboren in Chicago, Illinois, ist De Ann Prosia eine der Wenigen,
die diese Technik in den USA zu besonderer Blüte führen.
Ausgebildet at Northern Illinois University und the Art Institute of Chicago brachte Sie es durch ihre zeichnerische Feinheit und ihre konkreten Motive zu einem sehr persönlichen Stil.


Ich freue mich sehr, dass die heutige Ausstellung
mit ganz neuen Aquarellen,
wieder einige weitere wichtige Aspekte der Kunst anspricht:

1. Mainzer Motive:
Sie zeigt uns erkennbar
unsere direkte, vertraute Umgebung.
Was wir sehen, ist nachvollziehbar,
ohne dabei banal zu werden.
Zwar sind viele Motive gerade die touristischen Highlights von Mainz,
aber so attraktiv ist unsere Stadt eben auch.
Alle schönen Ecken scheinen hier versammelt.
Fast könnte man versucht sein, der Künstlerin Marktkalkül zu unterstellen,
getreu nach dem Shakespeare-Motto: Wie es Euch gefällt.
Aber DeAnn Prosia trifft tatsächlich einen Nerv dieser Stadt.
Mainz hat etwas Pittoreskes.
Dies verleugnen zu wollen, entspräche nur einer unnatürlichen Scham.
Ehrlich ist es schön hier!
Das zu zeigen kann keine Schande sein.
Es macht uns Freude die abgebildeten Stellen zu suchen
und uns sogar den jeweiligen Standpunkt aus unserer Erinnerung zu rufen.
Die Betrachtung gefällt, da sie keine Probleme macht.
In diesem Moment ist man nämlich frei,
sich ganz auf die Form zu konzentrieren.
Frei, tänzerisch die bewussten Änderungen nach zu verfolgen,
die DeAnn Prosia durchaus einträgt.
Wir sehen, völlig ohne Abwertung, eine gefällige Kunst also,
die doch mit einem gewissen Anspruch daher kommt
und obendrein noch formell spannend bleibt.
Das eventuell Überraschende ist, dass das tatsächlich geht.
Das geht nicht mit Pauken und Trompeten,
sondern eher leise und vermeintlich bescheiden.
Das Motiv ist Mainz, wie es lächelt und Lieder summt,
wie wir es kennen
und, ohne falschen Stolz, zu Recht lieben dürfen.

2. Sie zeigt dabei gleichzeitig den Blick des Fremden.
DeAnn Prosia kommt von Außen, ist nicht von hier.
Der Spiegel, der uns wohlwollend vorgehalten wird, hat also genügend Abstand, dass wir vom Ergebnis nicht zurückschrecken.
Es ist also keine eitle Nabelschau.
Wir dürfen durchaus geschmeichelt sein,
wenn Fremde uns die Nähe schön zeigen.
Vielleicht ahnt man sogar in den Bildern die amerikanische Herkunft der Künstlerin.
Farbwahl und Strichführung deuten dem Kenner auf die dortige Bildung.

3. Sie gibt uns mutig Verfremdungen im Abbild des Vertrauten.
Ein rosa Himmel, eine violette Kirche, blaue Büsche oder anthropomorphe Äste, krumme Treppen, geschwungene Linien,
sind nicht ganz so, wie man sie vielleicht in Disneyland erwartet,
aber sie verändern doch das Reale im Abbild unserer Umwelt,
ohne in die aufdringliche Plattheit des Comic zu geraten.
Sie ist also bei Leibe kein Sklave der Vorlage,
sondern frei.
Frei, die eigenen Formentscheidungen bildimmanent zu treffen.
Darin offenbart sich dann die malerische Erfahrung.
Es entfaltet sich eine poetische Leichtigkeit in der individuellen Form,
die dem gesuchten Motiv eine eigene Note hinzufügt.
Das geht über in den nächsten Punkt:

4. Sie zeigt uns die markante Handschrift einer künstlerischen Persönlichkeit.
Ihre Arbeiten sind wiedererkennbar und ihr zuzuordnen.
Schon die akribische Feinheit ihrer Druckgrafik zeigte eine liebevolle Hinwendung zur Sache.
Einige erinnern sich noch lange an ihre erste Mainzer Ausstellung in der Produzentengalerie ART’N’ACT, am Münsterplatz.
Sie zeigte uns frühere Radierungen ohne Aquatinta und Mezzotinto,
in denen trotzdem stärkste Kontraste herausschraffiert wurden.
Ihre aufwendigen, feinen Strichätzungen geben ebenfalls ihre damalige Umwelt wieder, Connecticut, Chicago, New York.
Nun Mainz,
und zwar wieder mit einer Neuerung für ihre Technik.
Die Farbe, das Aquarell und die Zeichnung hat sie mit diesem Projekt neu lieben gelernt. Selbst die kleinen Auflagenradierungen bekommen durch individuelle Aquarellfarbe noch Unikatcharakter.
Zufrieden ist sie zu Recht, mit dieser neuen Herausforderung Vieles gelernt zu haben.

„Als ich nach Mainz Kam, wollte ich etwas völlig Anderes ausprobieren.
So entschied ich, meine Arbeiten freier, größer und bunt zu gestalten
und meine Werke schneller fertigzustellen.
Ich entschied mich dafür, mit Aquarell, Gouache und schwarzem Stift zu arbeiten. Zuerst male ich das Bild mit Aquarell oder Gouache, dann zeichne ich darüber,
um dann wieder mit Aquarell zu arbeiten, bis ich zufrieden bin.
Es gefällt mir, manchmal über die vorgegebenen Umrisse zu malen.“

Das konzentrierte Gemüt der Künstlerin überträgt sich auf ihre Arbeiten.
Besonders dieser Vorgang macht die Bilder für uns auch langfristig interessant.

5. Sie lockt also schließlich mal wieder die Frage hervor:
Könnte dieses oder jenes Werk nicht gut in meiner Sammlung hängen?
Es sind wohl gefällige Arbeiten.
Dies muss die Bilder aber in keiner Weise erniedrigen!
Es sind überwiegend Originale, markante Unikate eben,
deren Sujet uns betrifft,
in ihrer eigenen Handschrift.
Vielleicht sind es spezielle Farben, oder es ist auch ein Ortsmotiv,
das eventuell jemanden besonders fesselt.
Suchen Sie sich ihre eigenen Favoriten aus den 46 Blättern,
bevor DeAnn Prosia Mainz wieder verläßt.

Ich gratuliere De Ann Prosia zu diesem Intermezzo.


Kunstverein Eisenturm, Mainz, Juni 2009
Sven Schalenberg, Hahnheim, 6.06.2009


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Schalenbergs langjährige Erfahrungen als Ausstellungsleiter, Kritiker, Redner, Juror können sehr wertvoll sein.

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